| Von AP-Korrespondent Brian Murphy =
New York (AP) Die Frontlinien verlaufen im Zickzack ber den Globus - vom Nahen Osten über Afrika nach Asien. Die Auswirkungen sind fast überall spürbar: Patriotismus, Paranoia, Propaganda. Schon der Vergleich der Anschläge vom 11. September mit dem Angriff auf den US-Stützpunkt Pearl Harbor 1941 brachte den Begriff Weltkrieg ins Spiel. Und immer mehr Wissenschaftler und Militärexperten sind der Meinung, dass genau diese Bezeichnung für den Kampf gegen den Terror zutreffend ist. `Kein Land kann in diesem Kampf zwischen Zivilisation und Chaos neutral bleiben", sagte US-Präsident George W. Bush auf einem Veteranen-Treffen. Der frühere CIA-Direktor ames Woolsey prägte sogar einen neuen Begriff: Er spricht vom `Vierten Weltkrieg", wobei er den Kalten Krieg als Dritten Weltkrieg einordnet. Dritter Weltkrieg, Vierter Weltkrieg, Krieg gegen den Terror - welcher Begriff auch immer Eingang ins Wörterbuch finden wird, die Ereignisse haben Militär- und Politikstrategen schon jetzt in ein neues Zeitalter katapultiert. Feldzüge können nicht mehr an der Größe eines Gebietes gemessen oder durch einen Waffenstillstand beendet werden. Ein Blick aus der Vogelperspektive: In Irak sind fast 140.000 US-Soldaten stationiert, daneben 11.000 britische Soldaten und 9.500 Truppenangehörige aus 21 weiteren Ländern. In Afghanistan umfasst die Internationale Schutztruppe (ISAF) etwa 5.000 Soldaten aus 30 Ländern, während amerikanische und afghanische Truppen in anderen Landesteilen Jagd auf Kämpfer der Taliban und El Kaida machen. Etwa 2.000 US-Soldaten sind in Katar stationiert, die 5. Flotte der US-Marine in Bahrain. Fast 8.000 Kilometer weiter östlich bilden Vertreter der amerikanischen Streitkräfte die philippinischen Soldaten aus, die gegen muslimische Extremisten kämpfen. In Dschibuti, am Horn von Afrika, sind 1.800 US-Soldaten im Anti-Terror-Einsatz. Im Kaukasus stellt das Pentagon Militärhilfe für Aserbaidschan und Truppen zur Ausbildung der georgischen Streitkräfte zur Verfügung. Auch anderswo gibt es offene Konflikte mit muslimischen Extremisten - in Kaschmir, Indonesien und im Nahen Osten. Der neue Krieg ist in weiten Teilen asymmetrisch: Regierungstruppen gegen Untergrundkämpfer. Nach wie vor ist militärische Schlagkraft vonnöten. Allerdings erfordert dieser Krieg von den USA gleichzeitig, die Sympathien der muslimischen Bevölkerung zu gewinnen. `Früher haben wir Krieg als offenen militärischen Konflikt zwischen Staaten betrachtet", sagt Jonathan Stevenson, Terrorismusexperte am Internationalen Institut für Strategische Studien in London. `Was wir jetzt haben, ist eine umfassende, globale Mobilisierung von Anti-Terror-Kräften. Das ist völlig neu." Kritiker werfen dem Weißen Haus vor, mit der Verwendung des Begriffes Weltkrieg ein größeres Militärpotenzial rechtfertigen und Druck auf andere Länder ausüben zu wollen. `Den Krieg gegen den Terrorismus mit einem Weltkrieg gleichzusetzen, ist einfach ein Weg, die Notwendigkeit, diesen Konflikt auszutragen, rationell zu erklären", sagt Hiroshi Momose, Professor für Internationale Beziehungen an der Universität von Hiroshima in Japan. Der türkische Journalist Semih Idiz dagegen hält den Vergleich für angemessen. `Die Vereinigten Staaten führen einen Krieg gegen den Fundamentalismus auf einer weltweiten Grundlage", sagt der Kommentator der Zeitung `Aksam". `Wir können also von einem Weltkrieg sprechen." Osama bin Laden und andere erklärte Feinde der USA standen einst auf der Seite von Washington, als islamische Untergrundkämpfer gegen die sowjetischen Truppen in Afghanistan unterstützt wurden. Der Golfkrieg von 1991 wendete das Blatt. Die Stationierung amerikanischer Truppen in Saudi-Arabien brachte viele radikale Muslime gegen die USA auf. Der Pfad zum 11. September ist mit Anschlägen gepflastert: 1993 auf das World Trade Center, 1996 auf die Chobar-Towers in Saudi-Arabien, 1998 auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania und 2000 auf das US-Kriegsschiff Cole in Jemen.
Zwtl: Neuordnung der Weltmächte
Die USA sind zur Zielscheibe für muslimische Extremisten geworden. `Das Gefühl der Erniedrigung und der Verlust jeglicher Hoffnung nähren die Gewalt", sagt Ali el Samman, Wissenschaftler an der El-Ashar-Universität in Kairo. `Davor dürfen wir die Augen nicht verschließen." Die Neuordnung der Mächte ist auffallend. Während des Kalten Krieges waren beispielsweise die Linien in Asien klar: Die USA unterstützten Pakistan, die Sowjetunion dessen Erzfeind Indien. Jetzt sind sowohl Pakistan als auch Indien Verbündete der USA. Washington versucht, strategische Partnerschaften auf der ganzen Welt zu pflegen. `Die amerikanische Regierung muss mit anderen zusammenarbeiten", sagt Maria Nzomo, Direktorin des Instituts für Diplomatie und internationale Studien der Universität von Nairobi. Doch auch die Fundamentalisten schließen sich zusammen. Experten beobachten einen wachsenden Zusammenhalt islamischer Extremisten aus unterschiedlichen Regionen - von Nordafrika bis Südostasien. Ein rein militärisches Vorgehen ist nach Ansicht von Beobachtern zum Scheitern verurteilt. `Auf diese Weise werden die USA nicht siegen", sagt der türkische Journalist Idiz. `Sie jagen die Mücken und trocknen den Sumpf nicht aus."
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