 | Nairobi (dpa) - Die Suche nach Feuerholz ist gefährlich. Je weiter sich die Frauen von dem Lager weg bewegen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, vergewaltigt zu werden. Und je mehr Holz sie sammeln, desto weiter müssen sie beim nächsten Mal laufen. Das kenianische Flüchtlingslager Dadaab liegt in einer unwirtlichen Gegend nahe der Grenze zu Somalia. Manche der Bewohner leben schon mehr als zehn Jahre dort. «Wir machen uns Sorgen um die Flüchtlinge in Afrika, da das Interesse der Welt sich im Moment auf andere Regionen richtet», sagt Emmanuel Nyabera vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Nairobi.
Der Tag des Flüchtlings, der in Deutschland am 3. Oktober begangen wird, soll auf ihr Schicksal aufmerksam machen. Auf dem afrikanischen Kontinent leben derzeit fast 14 Millionen Menschen fern ihrer Heimat, schätzt das US-Komitee für Flüchtlinge. Davon gelten knapp elf Millionen als Binnenflüchtlinge. Etwa 70 Prozent aller afrikanischen Flüchtlinge kommen aus Sudan, Angola, Kongo oder Burundi. Innerhalb des vergangenen Jahres haben weitere drei Millionen Menschen ihre Heimat verlassen. Etwa 340 000 sind zurückgekehrt, etwa die Hälfte von ihnen nach Angola und Sierra Leone, nachdem die Bürgerkriege dort zu Ende gegangen waren.
Kenia gehört zu den Ländern, die in Afrika die meisten Flüchtlinge aufnehmen. Der Umgang mit den Hilfsbedürftigen hat in der Vergangenheit heftige Kritik ausgelöst. «Die Flüchtlinge müssen in Lagern leben, dürfen nicht arbeiten und sind auf die Hilfe der internationalen Organisationen angewiesen», sagt Nyabera.
In Dadaab leben etwa 133 000 Menschen. Die meisten von ihnen sind aus dem Bürgerkriegsland Somalia geflüchtet. Da sich das Land nicht für Landwirtschaft eignet, müssen die meisten Lebensmittel hergebracht werden. «Im vergangenen Jahr bekamen die Menschen zeitweise nur 1700 Kalorien anstatt der 2200 empfohlenen pro Tag», sagt Nyabera. Wenn es nicht genug zu essen gibt, überfallen die Flüchtlinge die lokale Bevölkerung und ihre Herden. «Dann nehmen auch gleich Diebstahl und Prostitution im Lager zu», sagt er. Hungige Kinder suchen lieber nach Nahrung als in die Schule zu gehen.
Viele Flüchtlinge in Kenia versuchen, sich außerhalb der Lager durchzuschlagen. Etwa 1500 leben in der Hauptstadt Nairobi. «Die Flüchtlinge sind nicht unbedingt ärmer als manche Kenianer, aber sie haben keinen Rechtsstatus und keine Unterstützung durch ihre Verwandten», heißt es in einem Bericht von Human Rights Watch. Die Polizei hat demnach in der Vergangenheit viele von ihnen aufgegriffen und brutal behandelt. Die Menschenrechtsorganisation kritisierte auch das UN-Flüchtlingshilfswerk, das bis zu einem halben Jahr brauchte, um über die Anerkennung als Flüchtling zu entscheiden.
«Die Lage hat sich verbessert», sagt Nyabery. Die Verfahren des UNHCR dauerten nun maximal vier Monate. Im Unterschied zu früher finden sie direkt in den Lagern statt, so dass die Flüchtlinge dafür nicht mehr nach Nairobi fahren müssen. Die neue kenianische Regierung habe außerdem zugesagt, bis Ende des Jahres ein Gesetz zu verabschieden, dass die Situation der Flüchtlinge verbessern solle. Unterdessen beliefern die Hilfsorganisationen die Lager weiterhin mit dem Nötigsten - unter anderem auch mit Feuerholz, damit die Frauen bei der Holzsuche nicht mehr vergewaltigt werden.
(Internet: US Committee for Refugees: http://www.refugees.org/index.cfm Bericht von Human Rights Watch:
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