 | Nairobi (dpa) - Kenias Staatschefs sollen auch im Ruhestand auf Luxus nicht verzichten müssen. Ein Gesetzentwurf sieht vor, dass ihnen dann eine Villa mit zwölf Zimmern, Pool, Sauna und Tennisplatz zur Verfügung steht, dazu sechs Autos, 34 Angestellte und ein eigenes Fitness-Studio. Der erste, der in diesen Genuss kommen will, ist Staatschef Daniel arap Moi. Nach fast einem Vierteljahrhundert will der «Mzee», der «alte Mann», wie er sich nennen lässt, sein Amt bei Wahlen, die spätestens Ende dieses Jahres vorgesehen sind, an einen Nachfolger abtreten. Doch sein Wunschkandidat, der Sohn des Staatsgründers Jomo Kenyatta, stößt in der Regierungspartei auf wenig Gegenliebe. Dem Urlaubsland steht nach Meinung von Beobachtern ein stürmischer Wahlkampf bevor.
Als Schlag vor den Kopf werteten die Mitglieder der regierenden «Kenias Afrikanische National Union» (Kanu) Mois Kür des Ministers für lokale Regierungsfragen, Uhuru Kenyatta, zum Topkandidaten. Zwar erbte er den Namen des Vaters der Nation, doch politisch ist er ein unbeschriebenes Blatt. Kritiker sehen in ihm einen trinkfesten Politamateur, der allenfalls von der Freundschaft zu Mois Lieblingssohn profitiert. Als Lokalpolitiker konnte er sich bislang nicht einmal in seinem eigenen Wahlkreis durchsetzen.
Allein in der Kanu haben sich inzwischen vier Gegenkandidaten formiert. Sie fordern ein demokratisches Parteivotum über den Anwärter, der ab nächstem Jahr das Land mit seinen rund 31 Millionen Einwohnern führen soll. «Wir wollen Demokratie in Kenia und keine Diktatur», erklärte Hauptrivale Raila Odinga, der in Magdeburg Ingenieurwissenschaft studiert hat. Der Sohn des ersten Vize- Präsidenten des ostafrikanischen Landes hat viel zu verlieren: Mit Hoffnung auf das höchste Amt überredete er im März seine Nationale Demokratische Partei (NDP) zum Schulterschluss mit der Kanu.
Auch andere Rivalen, wie Mois 13-Jahre langer Vize George Saitoti fühlen sich vom «Alten» verraten und verkauft. Sie bildeten bereits eine «Regenbogenallianz», um gegen den ungeliebten Kandidaten zu Felde zu ziehen.
Das Land am Äquator, fürchten viele, könnte durch den Machtstreit ethnisch zerrissen werden. Nachdem Kenyatta das größte Volk der Kikuyu und Moi den kleinen Stamm der Kalenjin vertrat, sollte der nächste Präsident nach Meinung der meisten aus einem anderen Volksstamm kommen. Nach 39 Jahren Unabhängigkeit macht sich der zweitgrößte Stamm der Luo Hoffnungen auf seinen Kandidaten Odinga.
«Wenn die Leute sehen, dass die Macht abermals an den Stamm der Kikuyu gehen soll, könnte das heftigere ethnische Kämpfe zur Folge haben, als dies bei den Wahlen von 1992 und 97 der Fall war», warnt ein Beobachter aus Kirchenkreisen. Bei beiden Wahlen waren Hunderte Vertreter oppositioneller Stämme getötet worden, Hunderttausende wurden vertrieben.
Dabei wird gerade das an Krisenherde wie Somalia und Sudan grenzende Kenia vom Westen als Hort der Stabilität gepriesen. In den 24 Jahren seiner Regierungszeit hielt Moi es geeint. «Kein Krieg ging je von unserem Boden aus», erklärt jeder Kenianer stolz. Doch nach Jahren der Misswirtschaft und Korruption geht es den meisten Menschen jenseits der weißen Urlaubsstrände und Safariparks so schlecht wie nie. Lag das Wirtschaftswachstum Ende der 70er Jahre noch bei 8 Prozent, schrumpfte die Wirtschaft im vergangenen Jahr um 3 Prozent. Bei einem Verdienst von durchschnittlich einem US-Dollar pro Tag lebt weit über die Hälfte unter der Armutsgrenze. Massenarbeitslosigkeit und Frust ließen die Kriminalität auf Rekordhöhe steigen. Schon lange trägt die Hauptstadt Nairobi den Spitznamen «Nairobbery».
«Ganz gleich, was nach Moi kommt», sagt dort der Leiter des kenianischen Büros der in Berlin sitzenden Organisation «Transparency International», John Githongo. «Die nächste Regierung wird schwächer als seine, weil sie ein wirtschaftlich ruiniertes Land übernimmt.» Der nächste Präsident zumal soll ohnehin weniger Macht als Moi bekommen: Auf Drängen von Regierungspartei wie Opposition arbeitet eine Kommission derzeit an einer Verfassungsänderung. Danach soll Kenias Präsident demnächst einen Premierminister zur Seite bekommen. dpa pas xx mu
230130 Aug 02 |