| Nairobi (dpa) - «Das ist der Gipfel», finden die Tansanier: Ihre Nachbarn in Kenia versetzen angesichts der Tourismuskrise Berge. Mit der Behauptung, der Kilimandscharo stehe in Kenia, fahren sie eine neue Werbestrategie - und lösen damit eine Nachbarschaftskrise aus. Denn der höchste Berg Afrikas, Attraktion für Tausende zahlfähige Besucher, steht seit Jahr und Tag in Tansania. Der Streit um den schneebedeckten Gipfel hat nun die Ministerebene erklommen.
«Der Kilimandscharo ist und bleibt in Tansania. Es geht hier lediglich um einen Berg von Missverständnissen» - das kenianische Tourismusministerium in der Hauptstadt Nairobi bemüht sich um Deeskalation. Einigen Reiseunternehmen, denen das Wasser bis zum Halse stehe, meint ein Sprecher, klammerten sich eben mit Werbetricks an jeden Strohhalm. Und sei es ein Berg, der 50 Kilometer hinter ihrer Grenze steht.
«Der Kilimandscharo ist die Krone Tansanias. Er ist Afrikas höchster Berg - immer schneebedeckt. Ich denke absolut patriotisch über ihn», beschwerte sich eine Tansanierin am Mittwoch im Radiosender BBC. Kein Wunder: Der höchste freistehende Berg der Welt lockt jedes Jahr Tausende Touristen auf seinen Gipfel. Sie zahlen für den Aufstieg bis zu 1000 US-Dollar (rund 930 Euro).
Der erste, der den schneebedeckten Kili bestieg, war 1848 der deutsche Missionar Johan Rebmann. Sein Landsmann, der Geograph Hans Meyer, nahm 1889 eine erste wissenschaftliche Messung vor. Von den damals gemessenen 6010 Metern blieben nach neuen Messungen mit präziseren Instrumenten 5892 Meter.
Internationalen Wissenschaftlern macht weniger der Standort des Bergs als sein Gletscherschwund sorgen. Von den einst zwölf Quadratkilometern Gletscherfläche sind dem «Kili» gerade noch zwei Quadratkilometer verblieben. Forscher der staatlichen Universität Ohio in den USA schätzen, dass spätestens im Jahr 2020 der letzte Schnee von der Spitze des Kilimandscharo der Klimaerwärmung zum Opfer gefallen sein wird.
Doch der Schnee von morgen interessiert die aufgebrachten Tansanier momentan wenig. Sie wollen sich den Berg nicht von den Nachbarn stehlen lassen. Kenia, dessen Tourismusindustrie durch die jüngsten Terrorwarnungen und den Irak-Krieg völlig am Boden liegt, soll wieder auf einen Platz im Schatten des Berges verwiesen werden. Für die Bewohner des angrenzenden Amboseli-Nationalparks auf kenianischer Seite gestaltet sich die Lösung hingegen ganz einfach: «Wer den Berg besteigt», meint ein Massai, «der kann von oben Kenia und Tansania sehen. Also gehört der Kilimandscharo irgendwie beiden.»
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